von Florian Bechert 1988 - Zu diesem Zeitpunkt wurde ATARI, wie die meisten anderen PC-Hersteller auch, mit der großen RAM-Baisse von 1988 konfrontiert. Die amerikanischen Kongreßabgeordneten beschlossen die amerikanische Halbleiterindustrie zu unterstützen, indem sie Druck auf Japan ausübten ihren RAM-Chip-Export dras- tisch zu reduzieren. Leider produzier- ten zu dieser Zeit nur 2 US-Halblei- terfirmen RAM-Chips, nämlich Texas Instruments und Mictron Technologies, gegen die schließlich sogar von ATARI geklagt wurde, weil sie ihre Chip- Lieferungen nicht einhielten. Beide Firmen produzierten nahe der Kapa- zitätsauslastung, konnten aber dennoch die Nachfrage, die durch den Import- Stop aufkam, nur zu geringen Teilen befriedigen. Der Preis der RAM-Chips explodierte, z.B. stieg ein 256KBit- Chip von $2 auf $10.-. Ähnliches war bei den 1M-Bit zu beobachten, die einen Preissprung von $8.- auf $22 hinlegten. Für ATARI hatte das ernste Auswir- kungen. Ihre Möglichkeit die ST-Technologie zu Tiefstpreisen anzubieten hing größtenteils von den Materialkosten ab. Aufgrund der hohen RAM-Preise waren sie nun gezwungen die Produktion drastisch zu reduzieren. Außerdem ging fast alles, was noch produziert wurde, nach Europa. Denn im Allgemeinen erzielten sie dort höhere Preise und im Falle eines Dollar- Sturzes gegenüber den verschiedenen europäischen Währungen, kann die Umtauschrate durchaus die Profite verbessern (die natürlich in Dollars gerechnet wurden). Außerdem hatten und haben die Tramiels ohnehin den Hang dazu, den europäischen Markt zu favourisieren. Das Ergebnis davon war, daß viele US-Händler ernste Schäden erlitten, da sie ernsthafte Probleme hatten die Computer, die sie verkaufen wollten, überhaupt erst einmal zu bekommen. Viele von ihnen gingen Pleite (oder wurden Vertragshändler für andere Firmen). Obwohl ATARI jeden Computer, den es machen konnte auch verkaufte, überstieg die Nachfrage die damals gegenwärtige Produktion um mehr als 50%. Unterdessen ging der Niedergang der FEDERATED-Kette, die ATARI 1 Jahr zuvor gekauft hatte, munter weiter. Trotzdem sie eine eindeutig bevorzugte Behandlung von ATARI erfuhren (sie schienen Computer zu bekommen, wenn unabhängige ATARI-Händler schon längst keine mehr bekamen), endeten die ernsten Schwierigkeiten nicht. Ein weiteres Problem: Das neue Management hatte jegliche Werbung gestoppt, um Kosten zu sparen. Zu einer Zeit in der andere TV/Stereo-Ketten eine Kombi- nation aus Fernsehspots und mehrsei- tigen Zeitungsanzeigen für ihren Bekannheitsgrad nutzten, schien FEDERATED vollkommen von der Bildfläche verschwunden zu sein, was wieder einmal die falsche Tat zur falschen Zeit war. Die wilden TV-Spots mit "Fred Rated" (TV-Stimmungsmacher Shadoe Stevens) in denen Tape-Decks und VCRs zertrümmert wurden, verschwanden. Gedruckte Anzeigen erschienen bis 1989 nicht emhr, als die Kette fast vollständig bereits aus dem Geschäft war. Im September klagte ATARI dann Wilfred Schwartz, den ehemaligen Eigentümer von FEDERATED an, da er angeblich den Preis der Kette zur Zeit des Verkaufs um ca. $43 Mio zu hoch angesetzt hatte. Das schaute natürlich wie ein zynischer Versuch von ATARI aus, von diesem schlechtem Deal zurückzutreten. Als Ergebnis der "höher als erwarteten" Verluste von FEDERATED, sanken ATARIs Gewinne um ca. 59% im ersten Halbjahr ab. Ein Verlust, den der FEDERATED- Niedergang auf dem Gewissen hatte, war ATARI-Pressesprecher Neil Harris. Einer sicheren Quelle zufolge war er damit beauftragt worden, Computer Centers in den Geschäften der Einzelhandelskette einzurichten. Diese waren dafür gedacht, Service Centers und besser ausgebildertes Personal zu stellen. Wie gewöhnlich genehmigte ATARI ihm aber nur minimalste Finanzmittel dafür. Als sich Harris dieser Sysiphus-Aufgabe nahezu alleingelassen sah, kündigte er und wechselte zu GEnie, einem Informationsservice. Der Schock erschütterte die gesamte ATARI-Gemein- de. Andere Firmenabgänge waren: David Small und Joel Rosenblum von DATA PACIFIC, Shawn Fogle und Peron Kasmeier von SOFTLOGIC, GFA BASIC und MICHTRON. Die Produkte, die für den ST herauskamen im Jahre '88 waren: ST Publisher, Word Perfect, Superbase Professionell, Dungeon Master, LDW Power, CALAMUS, Spectre 128 etc... Entwickelt aber leider nie veröffent- licht und produziert wurde auch PARADOX's IBM PC Hardware-Emulator. Außerdem wurde noch auf der COMDEX im Herbst dann ein ST-Laptop-Prototyp mit LCD-Bildschirm (der spätere STACY) vorgestellt. Hier kam dann auch das Gerücht auf, daß ATARI mit einer englischen Firma einen Pocket PC (der spätere Portfolio) entwickeln wollte, doch mehr im nächsten Monat.