von Christoph Bach Mit Freude las ich im Katalog von Power per Post, daß es eine neue Forth-Ver- sion, das Grafik-Forth mit sagenhaften Fähigkeiten gibt. Also bestellte ich es. Trotz des weihnachtlichen Poststaus war es binnen einer Woche da. Der erste Eindruck war nicht gerade professionell. Statt des angekündigten Handbuches, fand ich nur eine verklei- nerte kopierte Version des Hanbuches in einem DIN A4 Pappe- Schnellhefter. Die ehemals DIN A4 großen Seiten waren auf die Hälfte verkleinert, so daß je zwei Seiten quer auf eine Kopie passten. Um es besser lesen zu können schnitt ich also zuerst jede Seite in der Mitte durch und heftete die einzelnen Blätter in einem DIN A5 Ringbuch ab. Das über 50 Seiten starke Handbuch ist nicht schlecht gemacht, jedoch muß man schon mit seinem Computer und mit Forth als Programmiersprache vertraut sein, um bei den doch recht knappen Erklärungen durchzusteigen. Nach dem ich von den Originaldisketten Sicherheitskopien gezogen hatte, erwar- tete mich die zweite Enttäuschung. Die Seite drei entpuppte sich als totaler Datensalat. Gerade darauf sollten aber die besten Demos sein. Aber Halt! Was steht da im Handbuch? Man muß zuerst 0 PHYSOFF ! eingeben. Und tatsächlich! Alle gesuchten Demos waren vorhanden und liefen auch anstandslos. Grafik-Forth wird auf drei doppelseitig bespielten Disketten geliefert. Die ersten drei Diskseiten enthalten das eigentliche Grafik-Forth. Auf der vierten Disk befindet sich das DOS 3! Auf der fünften und sechsten Disk er- wartet einem das FIG-Forth 1.4s der Forth Interest Group, das schon lange als Public Domain Programm erhältlich ist. Um es gleich vorweg zu sagen: das Grafik-Forth ist eigentlich eine Toolbox für FIG-Forth. Daraus folgt, daß Programme, die in Grafik-Forth er- stellt wurden, nicht in eigene Program- me eingebunden werden können, und nicht DOS 2.5 kompatibel sind. Man kann sie nur von Grafik-Forth aus starten, oder über ein spezielles Autostart Kommando beim Booten der Forth Diskette. Ein Um- schalten auf DOS 2.5 ist nicht möglich. FIG-Forth hat ein eigenes System der Diskettenverwaltung, das die Disk in Blöcke zu je einem Kilobyte einteilt. Aus diesem Grund liegt auch DOS 3 bei, da es ebenfalls Blöcke von 1kB verwal- tet und damit z.B. Bilder von DOS 2.5 auf DOS 3 konvertiert werden können, von wo aus sie dann in Grafik-Forth eingelesen werden können. Eine weitere Enttäuschung erlebte ich als ich Grafik-Forth selbst testete. Die angegebene Auflösung von 256*256 Punkten wird erreicht, indem man 256 GRAPHICS 8 Zeilen in die Displaylist schreibt. Zudem wird noch ein vierzei- liges Textfenster angezeigt. Der Bild- schirm ist also bis in den obersten (und untersten) Winkel voll. Die hori- zontale Auflösung von nur 256 Punkten anstelle der sonst üblichen 320 wird einfach durch einen Verzicht auf die 64 Punkte am rechten Rand erreicht. Da- durch werden die Grafikroutinen wesent- lich kürzer und schneller, da man nur mit Variablen von Bytegröße zu tun hat. Die Geschwindigkeit kann sich aller- dings sehen lassen. Ein weiterer Nach- teil ist die fehlende Clippingfunktion. Zwar wird bei einem Überschreiten der Bereichsgrenzen keine Fehlermeldung wie in Basic ausgegeben, dafür zeichnet Grafik-Forth aber am gegenüberliegenden Bildschirmrand weiter, was in den meis- ten Fällen unerwünscht ist. Die Fill- Funktion zum Füllen von umrandeten Flächen ist zwar schnell, vergißt aber fast immer Teile dieser Fläche, wenn Linien sich in spitzem Winkel schnei- den. Natürlich beherrscht Grafik-Forth die üblichen Grafikbefehle wie Plot, Drawto, Circle, Fill, Color, Locate. Darüberhinaus wurde aber noch folgendes implementiert: Cross zeichnet ein Achsenkreuz. Text kann Text in vier Variationen ausgeben: Normal, doppelt hoch, schmal (80 Zeichen), schmal doppelt hoch. Sprite setzt Sprites mit 16*16 Punkten. Hcopy druckt den Bildschirminhalt (320*256 Punkte) auf einem Epson kompa- tiblen Drucker. Window ändert den sichtbaren Grafikbe- reich. Setdl setzt eine Displaylist. Box zeichnet ein Rechteck. Es werden noch eine Reihe von Utilities mitgeliefert. So sind Worte enthalten, mit denen man den Percom-Block einer Diskette lesen und schreiben kann, eine Anpassung für das 1050 Turbo ( endlich ) und Stingoperationen, die sich an Microsoft-Basic orientieren ( Left, Mid, Right, Compare ). Wesentlich verbessert wurde der Editor. So sind jetzt alle 16 Zeilen eines Blockes ohne Umschalten sichtbar. Da eine Zeile 64 Zeichen lang ist, springt der Bildschirminhalt beim Erreichen der 40. Spalte um je ein Zeichen nach links. Ein horizontales Softscrolling wäre natürlich noch angenehmer für die Augen. Ganz links ausen sind die Zeilen von 0 bis F durchnummeriert. Die vom Basic bekannten Editorfunktionen sind zum großen Teil eingebaut, so daß ein flüssiges Schreiben des Quelltextes möglich ist. Sehr nützlich ist auch LISTP. Dieses Wort gibt einen Block mit sämtlichen Sonderzeichen auf einem Epson kompatib- len Drucker im Grafikmodus aus. Es wur- de auch eine Sinustabelle eingebaut, die z.B. für die ebenfalls zuladbare Turtlegrafik ( LOGO ) verwendet wird. Wer einmal mit Forth zu tun hatte weiß, daß die Sprache sich leicht in jede Richtung weiterentwickeln lässt. Es können aus den vorhandenen Befehlen neue Befehle entwickelt werden, deren Mächtigkeit nur durch die Fähigkeit des Programmierers begrenzt sind. Als Toolbox für FIG-Forth ist Grafik- Forth hauptsächlich interessant für Leute, die in Forth programmieren, oder für Grafik Programmierer, die auf eine kompatibilität zu DOS 2.5 verzichten können, und die der Rand auf der rechten Seite nicht stört. In Forth ist es auch leicht möglich Proceduren zu schreiben, mit denen dieser Rand verwaltet werden kann. In der MS-DOS Welt gibt es einige Programme mit einem ähnlichen Outfit, wie z.B. Autocad. Wen der relativ hohe Preis von DM 49.- nicht stört, sollte sich GRAFIK-Forth zulegen.